Donnerstag, 24. März 2011

Wir sind St.Pauli - nur was sind wir? Ein Bloggerprojekt!

Im Rahmen des "Wir sind St. Pauli! Nur was sind wir? – Ein Bloggerprojekt"-Pojektes habe auch ich mir Gedanken darüber gemacht was der FC St.Pauli, seine Fanszene und ich noch gemeinsam haben, wo wir aus meiner Sicht stehen und wo ich hinmöchte.

Um zu wissen wo man hinmöchte sollte man sich vielleicht daran erinnern wo man herkommt:

Meine St.Pauli-Vergangenheit:

In den späten 80ern war ich, genervt von den Versuchen der Patenkinder meine Mutter aus mir einen hsv-Fan zu machen, bei den Kickern von Werder Bremen gelandet. Verantwortlich für die Entscheidung pro Bremen war damals Rudi Völler. Nach dessen Weggang nach Rom war es dann das aber auch schon wieder mit meinem Interesse. Als dann aus Hamburg ein Junge in meine Klasse kam, der St.Pauli-Fan war, fiel meine Wahl dann auf den FC, der mich trotz des Abstiegs 91 danach nicht mehr losliess. Es folgte das erste Auswärtsspiel im nahen Hannover, danach die ersten Heimspiele, irgendwann die erste Dauerkarte, die Mitgliedschaft im Verein, die ein oder andere Saison mit mehr als 25 Spielen pro Saison, Aufstiege- und Abstiege. Mitgliedschaften in diversen Fanclubs unter anderem bei Carpe Diem der Keimzelle der heutigen Ultra-Bewegung am Millerntor. Nach zwei Jahren Regionalliga gab ich dann meine Dauerkarte weiter. Gesundheitliche Probleme waren damals der ausschlaggebende Punkt. Ich besuchte immer noch regelmässig die Spiele meines FC St.Pauli, aber eben nicht mehr so häufig wie früher. Als dann der Regionalligaaufstieg gelang war es natürlich plötzlich ungleich schwerer über die normalen Vertriebswege an Karten zu kommen. Problem hatte ich damit aufgrund der guten Freundschaften die ich in den Jahren davor geschlossen hatte aber nie so wirklich. Trotzdem wurden die Spielbesuche leider immer weniger. Dies hat aber weniger mit der Liebe oder der Leidenschaft zum Verein zu tun, sondern vielmehr private, berufliche und gesundheitliche Gründe. Trotzdem hatte ich auch bei meinen wenigen Besuchen in den vergangen drei Spielzeiten nie das Gefühl daß man mich vergessen hat, in mir keinen Fan mehr sieht, sondern nur einen Gelegenheitsbesucher. Ich wurde jederzeit herzlich aufgenommen und hatte nie das Gefühl nicht dazuzugehören.

Aber warum?

Und das ist auch für mich ein ganz wichtiger Teil der den FC St.Pauli für mich ausmacht: Ich meine ich habe hier in Hannover einen Bundesligisten vor der Haustür, viele meiner Kollegen gehen regelmässig zu den Spielen und ich gebe zu ab und an war ich auch mal dabei. Aber das war nicht dasselbe. Wenn ich bei Spielen von Hannover 96 war, dann habe ich brav geklatscht bei Toren, bei Niederlagen meine Kollegen getröstet. Aber wirklich interessiert hat mich dieser Verein direkt vor der Haustür nie. Also muss es ja etwas geben was beim FC St.Pauli anders ist.

  • Vielleicht sind es die Fans, die das Fussballstadion nicht nur als Ort für ein "unpolitisches" Sportereignis begreifen. Die Auswärtsfahrten bei denen wir die "Gegen Rechts"-Spuckis nach dem Filzen am Eingang bei den Ordnern abgeben musste sind so ein Beispiel dafür, daß bei St.Pauli eben das Fussballstadion (und nicht nur das heimatliche Millerntor sondern auch das jeweilige Auswärtsstadion) als Raum interpretiert wird in dem man sich u.a. gegen Rassismus "gerade macht".
  • Vielleicht ist es die Tatsache daß gerade im Dunstkreis von St.Pauli ein Spieler eine Organisation wie "Viva con Aqua" gegründet hat. Ja wird der ein oder andere jetzt sagen solche Aktionen gibt es auch bei Hannover 96. Ja klar auch dort wird im Rahmen des Stadionbesuchs für Wasserprojekte in der dritten Welt gesammelt. Aber der Unterschied ist eben daß "Viva Con Aqua" sich nicht nur auf das Stadion (und damit auf den einen Pfandbecher den man spendet) reduzieren lässt.
  • Vielleicht ist die Tatsache, daß mit dem Fanladen ein Fanprojekt gibt welches unabhängig vom Verein ist und auch den Fanbeauftragen stellt, was bei anderen Vereinen so nicht gibt und ich nenne mal nur das Beispiel von Aumann, der beim FC Bayern seinerzeit als Fanbeauftrager ne ganze Menge Blödsinn rausgehauen hat.
  • Vielleicht ist es der Umstand daß bei dumpfen sexistischen Aktionen (Axe-Werbung, Susis Separee) mein Umfeld im Stadion eben nicht gröhlend "Ausziehen Ausziehen" brüllt sondern sich über den beschissenen Sexismus aufgregt.
  • Vielleicht ...

Ich denke ich könnte noch ne ganze Weile so weitermachen. Aber jeder der einmal bei St.Pauli war oder immer wieder kommt wird wissen worauf ich hinaus will.

Und jetzt?

Aber auch wenn das alles wirklich klasse ist und uns mE von anderen Vereinen und Fanszenen abhebt stell ich mir seit einiger Zeit leider auch immer öfter die Frage: Ist das wirklich noch so? Oder hat sich das mittlerweile schon so stark verwässert, daß sich St.Pauli anderen Vereinen und Fanszenen annähert? Die Frage kann ich stand heute nicht abschließend beurteilen. Dafür ist auch gerade mit dem Aufstieg und den damit verbundenen Marktmechanismen soviel Veränderung in den Verein und die Fanszene gekommen daß ein Urteil schwer fällt.

Aber insbesondere die Jolly-Rouge-Aktionen haben gezeigt daß die Fanszene sich hier nicht wie bei anderen Vereinen einfach zurücklehnt und sagt:"Naja gehört halt eben dazu wenn man Bundesliga spielen will!" Ob die Jolly-Rouge-Aktionen eine Veränderung oder gar einen Erfolg gebracht haben ist dabei ebenfalls schwer zu beurteilen. Noch ist die Entwicklung hier mE nicht abgeschlossen. Ich denke für den Erhalt unserer Fan-, Stadion- und Marketingkultur muss aber viel mehr passieren als ein paar Fahnen hochzuhalten.

Meine Wünsche!

Da sind wir dann auch schon mittendrin bei meinen Wünschen für die Zukunft. Ich wünsche mir daß die Kommunikation zwischen der Fanszene und dem Verein sich auch in Zukunft nicht auf Transparente von der einen und Pressmitteilung von der anderen Seite beschränken. Ich wünsche mir vom Verein daß man nach diesen Gespräche aber auch konkrete Ergebnisse festhält und danach handelt und sich nicht hinter "Auslegungssache" verschanzt. Von der Fanszene wünsche ich mir die gleiche Bereitschaft für die eigenen Werte einzustehen wie in der Vergangenheit und nicht zu resignieren, auch wenn das eventuell schwerfällt. Innerhalb der Fanszene wünsche ich mir etwas mehr Toleranz untereinander. Mir ist klar daß wir nie alle einer Meinung sein können. Das ist auch völlig okay so. Aber ich finde der Respekt für eine andere Meinung oder Einstellung zum Thema Support der Mannschaft, Umgang mit Niederlagen und Siegen, Meinungen über Spieler, Trainer und Präsidiumsmitglieder usw. sollte möglich sein. Hier wird sich mE insbesondere im Forum (auch wenn das sicher im Gegensatz zu denen anderer Vereine/Fanszenen ein Hort des Niveaus ist) zuviel in Grabenkämpfe verwickelt. Toleranz natürlich nur im Rahmen "unserer" Werte. Typen mit "Thor Steinar"-Klamotten und der dahinterstehenden Ideologie möchte ich natürlich auch weiterhin nicht bei uns toleriert oder akzeptiert sehen. Gleiches gilt natürlich auch für dumpfen latenten Altagsrassismus oder -sexismus.

Ich möchte, wenn meine Tochter, mich in ein paar Jahren fragt warum sie Mitglied bei St.Pauli ist und wir nicht wie ihre Schulfreunde zu 96 gehen ehrlich antworten können:"Weil St.Pauli anders ist!"

Donnerstag, 10. März 2011

Aktionstag "Warum bist Du bei St.Pauli?"




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